Unterwegs in Klaipeda

Einige Fakten über Stadt und Leute

Litauen ist ein kleines Land und so ist auch Klaipeda als drittgrößte Stadt des Landes nicht wirklich groß.

 Die Einwohnerzahlt liegt bei rund 162.590 (Stand 2011) und damit ist die Stadt vergleichbar mit den annähernd gleichgroßen Städten Osnabrück , Oldenburg oder Ludwigshafen, die in Deutschland gerade noch unter die größten 50 Städte fallen.

 

Die Stadt ist also überschaubar und ich habe sie überwiegend zu Fuß erobert.

 

Beim Einlaufen mit der Fähre sieht man bereits, dass ein  wichtiger  Wirtschaftszweig für die Stadt im Hafen liegt. Die vielen Hafenkräne zeigen, dass offensichtlich noch viel Stückgut und wenig Container umgeschlagen werden. Dann gibt es mindestens eine Werft, die Fährverbindungen von und nach Kiel und Karlsham in Schweden. Und inzwischen auch Kreuzfahrtschiffe.

Im Stadtbild kann Klaipeda seine bewegte Vergangenheit nicht verleugnen, die sich in den Gebäuden aus deutscher und sowjetischer Zeit niederschlagen sowie aus Bauten, die nach der Unabhängigkeit in 1990 entstanden sind.

Und dazwischen findet man immer wieder noch größere unbebaute Flächen.

Ohne dass ich es negativ meine, erinnert die Stadt etwas an einen Flickenteppich, was allerdings aus meiner Sicht auch einen Teil ihres Charmes ausmacht.

 

Universität Klaipeda

Als ich die Hauptgebäude der Universitäg Klaipeda zum ersten Mal gesehen habe, habe ich nur gedacht, dass die Gebäude wie eine alte preussische Kaserne aussehen - Und ich hatte recht.

Bei den Gebäuden handelt es sich tatsächlich um die Kasernen am Stadtrand (früher Moltkestraße heute Herkaus Manto Gatve), die erst preussische und nach dem ersten Weltkrieg französische Einheiten beherbergte. Es folgten dann litauische Truppen und dann wieder deutsche, gefolgt von sowjetischen Einheiten, bevor die Gebäude zum Teil saniert worden sind und jetzt als Standort der 1993 gegründeten Universität Klaipeda zu friedlicheren Zwecken verwendet werden.

Unser Sprachkurs fand nicht in den Hauptgebäuden statt, sondern im Sprachinstitut. Auch dieses Gebäude ist ein ein historisches Gebäude, und die heutige Nachnutzung ist stilecht, denn es handelt sich um das ehemalige 1908 erbaute Lehrerseminar (füher Bahnhofstraße,  heute Neries Gatve).

Ein Gebäude mit großem Garten, über dessen Eingang auch heute noch (oder wieder)  die Aufschrift "Königliches Seminar" prangt.

Klaipeda von oben

Gleich in den ersten Tagen haben wir am Nachmittag einen kleinen Ausflug zu Fuß in die Innenstadt von Klaipeda gemacht, wo uns der Blick von Dachterrasse des markanten K-Gebäudes auf die Stadt präsentiert wurde. Eigentlich interessant, aber es war ausgerechnet einer der ganz wenigen Tage während der gesamten vier Wochen, an dem der Himmel ziemlich wolkenverhangen war.

Touristisches Herzstück - die Altstadt

Touristisches Herzstück von Klaipeda ist die Altstadt und besonders der Theaterplatz mit der Denkmal des Ännchen von Tharau.

Das Ännchen ist das Pflichtziel eines jeden Besuchers , unabhängig davon ob Individualtouristen, Busreise- und/oder Kreuzfahrttouristen - und der Theaterplatz weist dadurch eigentlich dauerhaft eine gewisse Anzahl an Verkaufsbuden auf. Hauptangebot: Bernstein in allen denkbaren Ausführungen.

Aber der Theaterplatz ist als zentral gelegener Platz auch Schauplatz einer Vielzahl von Veranstaltungen. So war während des Seafestivals dort eine der zentalen Musikbühne und während des nur einige Tage später stadtfindenden Stadtgeburtstags (1. August) war der Platz Schauplatz eines "Dinners in blau" - Das Ännchen bekam die Tage keine Ruhe, aber vielleicht mag das Ännchen das auch. Obwohl ich da eher Zweifel habe, denn das Ännchen, das Simon Dach in seinem Gedicht anhimmelt, war die 1609 in Tharau geborene Pfarrerstochter Anne Neander, Witwe dreier Pfarrer und Mutter (mindestens) eines Pfarrers.

Der Fluß Dange und der Dange-Hafen

Im Innenstadtbereich Klaipedas bildet der Fluß Dange (lit. Dane) eine der touristischen Hauptadern der Stadt. Dort finden sich viele Restaurants entweder in inzwischen restaurierten alten Speichern bzw. auch direkt auf dem Wasser.

Im Sommer pulsiert hier das touristische Leben, eigentlich an jedem schönen Sommerabend sind die Cafés und Restaurants gut besucht.

Der Dangehafen ist heute ein Teil der Flaniermeile für Touristen und Einheimische, von Ausflugsdampfern und Startpunkt der Fähre nach Smiltyne (dem noch zu Klaipeda gehörenden nördlichen Ende der Kurischen Nehrung)

 

Verläßt man jedoch die Innenstadt verändert sich auch der Anblick der Dange. Zunächst findet man Industrie an ihren Ufern und nur wenige Kilometer weiter stadtauswärts ungefährt auf Höhe des Botanischen Gartens ist sie wildromantisch.

Von Memel nach Kiel - die Lindenauwerft und ihr ehemaliges Gelände im heutigen Klaipeda

Zwischen Kiel und Klaipeda gibt es neben der regelmäßigen Fährverbindung noch eine weitere Beziehung.

Die in Kiel-Friedrichsort beheimatete Lindenauwerft ist ursprünglich 1919 im damaligen Memel gegründet worden und siedelte sich erst nach dem 2. Weltkrieg in Kiel an, nachdem der damalige Firmenchef zusammen mit seinen Arbeitern und deren Familien sowie Werkzeugen und Proviant mit seinem größten, seefest gemachten Schwimmdock gezogen von  firmeneigenen Schlepper über die Ostsee vor der vorrückenden Roten Armee geflohen war.

 

Die Geschichte war mir aus den vielen Jahren, in denen ich in Kiel gelebt habe, bekannt. Was ich jedoch bisher nicht wußte, wo sich das Betriebsgelände befunden hatte und dass Reste davon auch heute noch im Hafen von Klaipeda zu entdecken sind. 

Während meiner Tage in Klaipeda bin ich auf das Gelände am Hafen aufmerksam geworden und entdeckt, dass auf dem Gelände auch heute noch Schiffe repariert werden und die stählerne Heling auch heute noch die Silhouette des Hafen prägt.

Und im Stadtmuseum innerhalb der benachbarten Burganlage wird auch an die Lindenauwerft erinnert.

In Kiel ist der Name "Lindenauwerft" heute auch noch präsent, auch wenn die Werft nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten vor einigen Jahren ihre Selbständigkeit verloren hat und jetzt in 2018 von der endgültigen Schließung bedroht ist.

Kräne, Kräne, Kräne sowie Fähren und Kreuzfahrer

Im Hafen von Klaipeda, der ähnlich wie in Kiel beinahe mitten in der Stadt liegt, finden sich vorallem Kräne für Stückgut, aber inzwischen auch Container. Dann die großen Fähren nach Kiel und Schweden und auch das eine oder andere Kreuzfahrschiff habe ich gesichtet.

Bus und Bahn in Klaipeda

Das Gebäudes, in dem der Sprachkurs stattfand, liegt in unmittelbarer Nähe sowohl des Bahnhofs und der zentralen Busbahnhofs.

Während am Busbahnhof reges Leben herrscht und eine Vielzahl von Bussen ins Umland, aber auch zu weiterentfernt liegenden Zieln fährt, geht es auf dem Bahnhof eher beschaulich zu. Die Gleise für den Personenverkehr beschränken sich auf zwei Bahnsteige, die nur für ca 10-15 Züge pro Tag genutzt werden. Bedeutend lebhafter geht es nur auf den daneben befindlichen, ein riesiges Areal abdeckenden Gütergleisen zu.

Die alten Fotos und der Erläuterungstext stammen von einer am Eingang des Bahnhofs angebrachten Infotafel in litauisch, englisch und deutsch.

Juros Svente  - das Sea Festival

Am letzten Wochenende im Juli steht die Stadt Kopf. Sie feiert Jūros Šventė (Sea Festival) und sich selbst.

Beginn ist am Freitag abend mit einer Parade der Vereine und Organsationen der Stadt. Da wir vom Sprachkurs ein Teil von "Klaipedos Universitetas" sind, waren auch wir dabei. Mit Tüchern "Klaipedos universitetas - Vasaros akademija (Sommerakademie) 2018", mit Luftballons und Fähnchen schwingend.

Ganz ehrlich, ich fand es ein wenig befremdlich, aber die meisten Kursteilnehmer waren durchaus begeistert und die teilnehmenden Uni-Mitarbeiter und Studenten sind auch sehr stolz auf ihre Uni. Und auch die Straßenränder waren gut gefüllt.

Soweit die Teilnehmer der Uni Klaipeda. Von den anderen Teilnehmern des farbenprächtigen Umzugs habe ich außer vom Neptun aus der Abteilung vor uns, leider keine Fotos

Die ganze Innenstadt ist zur Festmeile geworden.

Beeindruckend finde ich, dass das Angebot sehr ausgewogen ist.

Hier Stände mit interessantem Kunstgewerbe, verschiedene Bühnen von Klassik und Folklore bis Modern, natürlich auch Bier- und Essensstände, aber bei weitem nicht in der (unangenehmen) Dichte wie auf der Kieler Woche oder dem Hamburger Hafengeburtstag.

Und alle waren unterwegs. Familien mit Kindern jeden Alters, Oma und Opa, junge Leute - einfach alle.

Die Stimmung gefällt mir gut, wobei es am Freitag abend noch am schönsten (weil nicht zu voll war)

Eigentlich boykottiere ich ja diese Münzpressen, in denen auf aktuelle Geldstücke ein Motiv der Veranstaltung oder der Sehenswürdigkeit eingestanzt wird. Eigentlich, aber hier wurde die Erinnerung nicht per Automat sondern durch Muskelkraft geprägt.

Das Festival hat ja das Meer bereits im Namen. Neben Volksfest waren dann durchaus auch maritime Themen angesagt. Zum einen waren Traditionssegler der Baltic Sail da, gesehen habe ich einen Segler aus Danzig, die "Mercedes" - eines der vielen holländischen Traditionsschiffe, die "Greif" aus Greifswald, die "Brabander" ein aktuellen Schiffsnachbau, der offensichtlich der Uni Klaipeda gehört und die "Roald Amundsen" aus Eckernförde - ein guter Bekannter der einschlägigen Veranstaltungen in Kiel und Hamburg.

Außerdem war die "Dange-Flotille" da. Eine kleine Parade von Nachbauten historischer Boote vom Kurischen Haff. Dabei war auch der Kurenkahn aus Nidden und noch weitere verschiedene Bootstypen.

Die Besatzungen waren teilweise stilecht gekleidet und lagen während des Festivals mit grünem Laub geschmückt, auf der Dange direkt in der Innenstadt.

Mit eingereht in die Dangeflotille hatte sich auch ein Wikingerschiff, was sogar eine gewisse Berechtigung hat, denn die Wikinger sind zu ihrer Zeit bis zum Kurischen Haff und darüber hinaus gekommen.

Etwas seltsam mutete lediglich der "Wikinger" mit der verspiegelten Sonnenbrlle an.

Und oben am Ufer fand noch ein durchaus stilechter historischer Markt statt.

Zwar nicht wirklich maritim, aber trotzdem interessant und sehenswert waren die Oldtimer, die einen Korso durch die Stadt fuhren und den restlichen Tag in der Stadt zu bestaunen waren. Ausgerechnet während des Korsos kamen überraschend einige der während der Wochen in Klaipeda seltenen Regenregentropfen.

Smiltyne

Wenn man im Dangehafen die Fussgängerfähre (auch alte Fähre) auf die Kurische Nehrung nimmt, ist Smiltyne, das noch zu Klaipeda gehört, Endpunkt der kurzen Überfahrt.

Smiltyne dient primär dem Freizeitvergnügen von Einheimischen und auch mancher Touristen.

Die Einheimischen und wahrscheinlich auch ein Teil der Touristen kommen mit der Fußgängerfähre, darüber hinaus der relativ große Parkplatz direkt am Anleger der Fähre meist auch nicht leer. Vom Fähranleger bis zur Spitze von Smiltyne (früher Süderspitze) mit dem Delphinarium und dem Seemuseum führt eine kleine Straße direkt am Haff entlang, die bei schönem Wetter selbst in der Woche zugeparkt ist.

Für die viele Besucher (und insbesondere für die Einheimischen) ist der wohl Ostseestrand am wichtigsten, ein weiteres beliebtes Ziel ist dann das Delphinarium. Und wer "in Kultur machen will" hat in der Ausstellung alter Fischereifahrzeuge (die drei am Ufer liegenden Fischtrawler sind alles Nachkriegsbauten) und im Meeresmuseum die Möglichkeit.

Aus meiner Sicht am interessantesten war das kleine Freiluft-Fischerdorfmuseum. In dem alten Wohnhaus gab es neben den Ausstellungsstücken aus dem Alltag der Fischer auch noch ein kleine Multimediashow auf litauisch und englisch.

Wer mit der Fähre gekommen ist oder sein Auto auf dem großen Parkplatz abgestellt hat und nicht bis zum Delphinarium an der Süderspitze laufen will, hat die Möglichkeit eine Elektrobähnchen oder eine Pferdkutsche zu benutzen. Beides Transportmittel, die oft bei solchen touristischen Punkten anzutreffen sind.

An einem heißen Spätnachmittag/frühen Abend hatte ich nach dem Weg bis zur Süderspitze und zurück noch nicht wirklich Lust, wieder mit der Fußgängerfähre in die Stadt zu fahren, sondern wollte ausprobieren, ob und wie man von der Fußgängerfähre zur sog. neuen Fähre (Fahrzeugfähre auf die Nehrung) kommt.

Natürlich gibt es eine Straßenverbindung, aber gibt es auch einen Weg am Wasser entlang? Es gibt ihn, im ersten Teil sogar wie eine Promenade ausgebaut, an deren Ende man auf das (nicht eingezäunte) Gelände eines Yachthafens stößt.

Die restliche Strecke ist dann eigentlich nur noch Trampelfahrt, auf einer Seite das Wasser mit einer Art Kaimauer, auf der anderen Wiese und/oder Gebüsch. Und ich konnte beobachten, die ein Kutschpferd kurz nachdem es ausgespannt worden ist, seinen Feierabend genießt.

Und auch die Angler genossen dort ihren Feierabend

Skulpturen, Wandmalereien, sonstiges künstlerisches

Ich liebe sie einfach, die Skulpturen, Wandmalereien und sonstigen künstlerischen Werke, die man in einer Stadt im Straßenbild sehen kann. Manchmal sind es speziell angelegte Orte, manchmal auch nicht.

In Klaipeda ist einiges zu entdecken, manches findet sich in den Reiseführern, anderes habe ich bei meinen Spziergängen durch die Stadt entdeckt.

 

Bekannt und sicherlich schon viele Male fotografiert, sind die Skulpturen in und rund um die Altstadt und im Bereich des Hafens

Wandmalereien und sonstige Skulpturen, die ich in der Stadt entdeckt habe

Der Vollständigkeit halber ist auch noch der Skulpturenpark zu erwähnen. Der Skupturenpark ist auf dem alten Hauptfriedhof angelegt worden, dessen ursprüngliche Grabstätten von der sowjetischen Obrigkeit vollständig zerstört worden sind.

Es ist "nur noch" ein großer Park, in dem zeitgenössische Skupturen aufgestellt sind. Von der Stimmung her, finde ich diesen Park schön, muß allerdings einräumen, dass mir nur wenige der Skulpturen etwas sagen, denn ich mag eher das Gegenständliche.